Alan Wake 2: Night Springs - Test: Auf diesen DLC hab ich 14 Jahre lang gewartet! (2024)

Damit hatte wohl niemand gerechnet: Da kommt Sam Lake beim Summer Game Fest auf die Bühne und kündigt aus heiterem Himmel an, dass nur wenige Stunden später der heiß ersehnte erste DLC zu Alan Wake 2 spielbar sein würde. Für eingefleischte Alan-Wake-Fans ist die Erweiterung etwas ganz Besonderes, denn obwohl Night Springs erst mit dem Erscheinen von Alan Wake 2 überhaupt angekündigt wurde, träumen sie schon seit fast 14 Jahren von genau diesem DLC.

Man muss beileibe keinen lebensgroßen Alan-Wake-Pappaufsteller im Wohnzimmer stehen haben, um Spaß mit Night Springs haben zu können. Zumal der DLC nicht mal unbedingt mehr Alan bietet, sondern drei witzige, skurrile und fantastische Geschichten über andere Charaktere erzählt, die größtenteils auch für sich allein genommen wunderbar funktionieren.

Um allerdings wirklich alles aus Night Springs herausholen zu können, sollte man das Hauptspiel noch gut im Kopf haben und sich im Idealfall gut im Alan-Wake-Universum auskennen. Die Idee für die fiktive Fernsehserie Night Springs ist nämlich schon wesentlich älter als das neueste Abenteuer des Bestsellerautors.

Stolpert man in Spielen von Remedy über einen laufenden Fernseher, dann wartet dort für gewöhnlich ein ganz besonderes Collectible auf einen. Bereits seit dem ersten Max Payne von 2001 haben es sich die finnischen Entwickler nämlich zur Tradition gemacht, für ihre Spiele extra eigene Ingame-Fernsehsendungen zu produzieren. In Max Payne war es zum Beispiel die Zeichentrickserie The Adventures of Captain Baseball Bat Boy, und Control hatte die Threshold Kids, die Kindern mithilfe von makaberen Puppen auf verstörende Art die Gefahren übernatürlicher Phänomene näherbringen sollten.

Sie betreten die Twilight Zone!

Die Serie Night Springs wurde damals für den ersten Alan-Wake-Teil geschaffen, und bildet eine Hommage an die 60er-Jahre-Mystery-Kultserie The Twilight Zone. Jede Folge erzählt eine voneinander unabhängige Kurzgeschichte, die meist in der fiktiven Stadt Night Springs spielt und sich um paranormale Phänomene dreht. Vornehmlich endet das Ganze dann mit einem amtlichen Plottwist. Selbst die allwissende Erzählerstimme, die am Ende immer nochmal genau erklärt, welche Moral man denn jetzt bitte gelernt haben soll, und jede Episode mit dem Titel der Sendung beschließt, ist praktisch 1:1 vom Vorbild übernommen.

Im Laufe der Jahre haben sich viele große Namen wie Stephen King bei The Twilight Zone die Ehre gegeben, und im Geiste seines großen Idols hat auch Alan einige Skripte zu Night Springs beigesteuert. Drei davon haben es jetzt als spielbare Szenarien in den DLC geschafft. Statt die Hauptstory weiter voranzutreiben, tobt Remedy sich also in kleinen “Was wäre, wenn …”-Szenarien aus und stellt gleichzeitig mal ein paar Charaktere in den Mittelpunkt, die bisher bei Alan Wake ein bisschen zu kurz gekommen sind.

Fanfiction und Fanservice

In Episode 1 “Number One Fan” bekommen wir zum Beispiel einen Einblick in die Fantasie von Kellnerin und fanatischem Alan-Wake-Superfan Rose. Die spielt nämlich mal eben die Mary Sue (ein idealisierter und praktisch perfekter Charakter, der oft als Selbstprojektion des Autors dient) in ihrer eigenen Fanfiction und macht sich auf, um “ihren” Alan zu retten.

Ironischerweise ist die Geschichte um die schüchterne Rose die kampflastigste, aber auch witzigste Episode. Vor allem, wenn man ein wenig Ahnung von der Fanfiction-Kultur hat oder in seiner Freizeit die Nase in klischeebeladene, spicy Romantasy-Romane (Romantasy = Romance + Fantasy) steckt. Ich hab zumindest mehrmals ins Gras beißen müssen, weil ich vor lauter Lachen nicht mehr richtig zielen konnte. Mit der Schrotflinte auf seine schärfsten Kritiker zu schießen, dürfte wohl der Traum eines jeden Autors sein.

In der zweiten Episode “North Star” spielt ebenfalls eine alte Bekannte die Hauptrolle. Jesse Faden, ihres Zeichens Protagonistin aus dem Spiel Control, das ebenfalls von Remedy stammt und im selben Universum wie Alan Wake spielt, kommt auf der Suche nach ihrem Bruder in das beschauliche Night Springs und stolpert Hals über Kopf in eine Regierungsverschwörung, bei der sich alles um Kaffee dreht. Die Geschichte besticht zwar mit ihrer Skurrilität und einer überragenden Auflösung am Ende, spielerisch ist sie aber wohl die schwächste der drei Folgen.

Auf Jesses telekinetischen Kräfte aus Control muss man nämlich leider komplett verzichten. Zeitlich gesehen würde die Geschichte vor den Ereignissen im Oldest House spielen und damit auch bevor Jesse mit den Gegenständen der Macht in Berührung kommt. Trotzdem zeichnet “North Star” eine spannende, alternative Realität und gibt vielleicht einen Vorgeschmack auf die Zukunft des Remedy-Connected-Universe und den kommenden The Lake House DLC. Letzterer soll nämlich die Aktivitäten des Federal Bureau of Control am Cauldron Lake beleuchten.

Irgendwie hängt dann doch alles zusammen

Die finale Folge “Time Breaker” ist die einzige, die tatsächlich mit der Hauptstory in Verbindung steht. Zur Geschichte selbst sei an der Stelle deswegen nichts verraten, außer, dass wir diesmal in die Rolle von Sheriff Tim Breaker schlüpfen, der vom kanadischen Schauspieler Shawn Ashmore gespielt wird. Wer den bereits berüchtigten und zugegebenermaßen teilweise verwirrenden Erzählstil von Alan Wake 2 mochte, der kommt hier voll auf seine Kosten und erhält vielleicht sogar noch ein paar Antworten auf Fragen, die nach dem Ende des Hauptspiels noch offen geblieben sind.

Auch wenn sie inhaltlich nicht direkt etwas damit zu tun haben, konzentriert sich jede der drei Geschichten auf eine andere Facette des Hauptspiels. Bei Rose stehen die Kämpfe und der Humor im Vordergrund, Jesse erlebt den für die Reihe typischen, nächtlichen Horror und Tim Breaker muss sich ähnlichen existentiellen Fragen stellen wie Alan selbst. Darüber hinaus scheint es Remedy allerdings zu genießen, sich einfach mal kreativ auszutoben und ihre Charaktere mit ungewöhnlichen Ereignissen zu konfrontieren. Und die Messlatte für “ungewöhnlich” liegt bei Alan Wake 2 ja schon ziemlich hoch.

Der Night-Springs-DLC ist Bestandteil der Digital Deluxe Edition. Die kostet nochmal 20 Euro Aufpreis zum Hauptspiel, beinhaltet dafür aber auch gleich den zweiten DLC The Lake House, der noch im Herbst dieses Jahres erscheinen soll. Auch Besitzer der ebenfalls auf dem Summer Games Fest angekündigten physischen Deluxe-Edition und der Limited-Collector’s-Version kommen in den Genuss der spielbaren Fernsehserie.

Alan Wake 2 - Night Springs DLC Reveal Trailer

… ihr mehr vom typischen Remedy-Humor und dem Erzählstil von Alan Wake 2 haben wollt oder ihr euch die Wartezeit auf Control 2 verkürzen wollt.

… euch die Geschichte um Bright Falls und ihre Bewohner schon im Hauptspiel nicht gepackt hat.

Fazit

Alan Wake 2: Night Springs - Test: Auf diesen DLC hab ich 14 Jahre lang gewartet! (7)von Sebastian Ruppert

Die kreativste Liebeserklärung, die je programmiert wurde.

Die fiktive TV-Serie Night Springs scheint bei Remedy als Thema zu Recht äußerst beliebt zu sein. Bereits der Standalone-DLC bzw. das Spin-off zum ersten Teil, Alan Wake’s American Nightmare, war ja als spielbare Folge der Serie konzipiert. Das serielle Format bietet eben viel Raum, um einfach mal etwas Neues auszuprobieren oder Dinge umzusetzen, die es nicht ins eigentliche Spiel geschafft haben. Die perfekte Spielwiese und willkommener Experimentierkasten für Remedys Überschwang an kreativen Ideen also. In diesem Sinne ist der Night Springs-DLC auch ein Liebesbrief der Entwickler an das gesamte Franchise.

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Das einzige Manko ist die sehr kurze Spielzeit. Alle drei Episoden kommen zusammen gerade mal auf ca. 3 Stunden Inhalt ohne hohen Wiederspielwert. Zum Glück ist für den Preis von 20 Euro aber gleich noch der zweite DLC The Lake House dabei. Der soll ja bereits im Herbst kommen und den Fokus verstärkt auf die Hauptgeschichte legen. Doch so schön Bright Falls und der Cauldron Lake auch sein mögen, wird der DLC hoffentlich nicht unsere letzte Begegnung gewesen sein mit … Night Springs!

Überblick

Pro

  • mehr Alan Wake (das Spiel)
  • weniger Alan Wake (die Person)
  • drei abwechslungsreiche und spannende Kurzgeschichten
  • Fokus auf interessante Nebencharaktere

Contra

  • kurze Spieldauer (3 Stunden)

Awards

  • Alan Wake 2: Night Springs - Test: Auf diesen DLC hab ich 14 Jahre lang gewartet! (8)
    • PC
  • Alan Wake 2: Night Springs - Test: Auf diesen DLC hab ich 14 Jahre lang gewartet! (9)
    • PC
Alan Wake 2: Night Springs - Test: Auf diesen DLC hab ich 14 Jahre lang gewartet! (2024)
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